Aus der Sicht von Galbrim RotenLebenserinnerungen eines Spielmannes, Teil 1Ritter Galbrim von Roten, Geheimagent des Königs, Schatzmeister der Kronenmark - das hatte natürlich einen besonderen Klang, dem schwer zu widerstehen war. Lieder würden über unsere Abenteuer gesungen werden, Krüge in unserem Namen erhoben, Kinder nach uns benannt. Wie hätte ich ahnen können in welch Abenteuer ich mich an jenem Tag im späten Blühn des Jahres 804 stürzen würde. Aber ich werde von Anfang an beginnen.
Einige Tage zuvor hatte ein geheimnisvoller Bote des Königs mich "gebeten" (mir also befohlen) mich am 22. Blühn des Jahres 804, im zweiten Jahr der Herrschaft Rainenhardts I., des siegreichen Vaters Vandrias, am Hof zu Cellbrick einzufinden. Da ich weder Geld noch genug Charme hatte den Boten zu bestechen, konnte ich vorab nicht herausfinden was es damit auf sich hatte. Es blieb mir also nur eine Möglichkeit meine Neugierde zu befriedigen und ich machte mich auf den Weg zu meinem König. Gut, dass ich grade kein Geld hatte und das Kaff in dem ich spielte auch nicht das Gelbe vom Ei war, war sicherlich auch ein Grund. Kurz - ich dachte das würde ein spannendes kleines Abenteuer werden mit dem ich in einer Woche an den Wirtshaustischen gut angeben würde können.
Ich kam mit meinem Bündel, meiner Armbrust und meiner Laute am Abend des gewünschten Tages zur Cellbricker Burg und nachdem die Wache sich zuerst sehr unkooperativ zeigte, wurde ich doch noch in die Burg gelassen. Dort fand ich mich - zu meiner großen Überraschung und Freude plötzlich von einigen bekannten Gesichtern umgeben.
Ulfrick Lichter, mein teurer Freund und Kamerad aus den Kriegstagen war da, offenbar mähte er immer noch für den König Feinde auf Vandrias Schlachtfeldern nieder. Nach einigen uncharmanten, Äußerungen seinerseits bezüglich meiner Leibesfülle (es konnten höchstens 5 Kilo sein!), begrüßte ich auch die anderen.
Thurok, der Zwergenheiler war ebenso gekommen, er war es der mich damals nach dem Sturz des Turmes wieder mehr recht als schlecht zusammengeflickt hatte. Und zu guter Letzt dieser Adelige,
Isegrim vom Sonnenwall, der auf dem Schlachtfeld das Kommando über den Trupp "geerbt" hatte und tapfer den letzten Angriff angeführt hatte, allerdings sah er nicht mehr ganz so fit und schneidig aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Alle waren sie gekommen - und keiner hatte eine Ahnung was wir hier sollten.
Nach einiger Zeit kam ein älterer - über 40 jähriger - Beamter und stellte sich als
Hoher Magistrat Heinrich Kantor vor, man kennt den Typ - trocken, korrekt und verwachsen mit seiner Schreibstube, aber nicht unsympatisch muss ich sagen. Kantor bat uns ihm zu folgen und er führte uns in den Verwaltungstrakt des Schlosses - wo ich zumindest vorher noch nie gewesen war. Dort in einer Art Kanzlei oder Besprechungszimmer - eröffnete er uns den Grund, und machte dem Herrn Isegrim dieses spezielle Angebot.
Er begann damit zu fragen ob Isegrim bereits ein Lehen erhalten hatte - obwohl klar war, dass er selbst die Antwort bereits wusste - und Isegrim diese Frage sehr unangenehm war. Man kennt das ja, es war offenbar sowas wie Zunder ins Feuer werfen, oder Salz in die Wunde streuen. Ohne wirklich zum Punkt zu kommen beschrieb Kantor dann die Lage in der sich Vandria in jenen Tagen befand in düsteren Worten - 3 Provinzen entvölkert und gesetzlos, Kait drängte auf die Sonnenmark (schöne Gegend übrigens), die Spitzohren Dynars pflanzten Bäume auf "unserer" Seite der Grenze, die Umbar-Barbaren waren wie immer und Shan-Zasar war immer gefährlich. Da konnte einem aufrechten Vandrianer wie mir schon schlecht werden, kein Wunder, dass ich so gern in der Narrmark und dem Narrland war, dort war es seit meinen Kindertagen immer ruhig gewesen. Allerdings hatte ich den Verdacht, dass der gute Herr Kantor wohl etwas sehr blumig alles ausschmückte um seinen Punkt zu untermauern - als professioneller Geschichtenerzähler war mir das auch nicht fremd.
Und dann kam er zum Kern der Sache - Isegrim von Sonnenwall wurde angeboten die nördliche Kronenmark als Markgraf zu erhalten und seinen Sitz auf der Gormburg errichten. Das waren natürlich (vor allem für Isegrim) gute Nachrichten. Allerdings hatte die Sache mehrere Haken:
- Die Mark musste im Namen des Königs befriedet und fast erobert werden
- Das ganze wäre eine hoch-inoffizielle Mission und natürlich kein direkter Auftrag des Königs, wir würden im Geheimen agieren, als Geheimagenten also. Nichtmal ein Treffen mit dem König wäre irgendwie möglich, wohl damit dieser unseren Auftrag ohne zu lügen später abstreiten konnte.
- Als Unterstützung würden die Anwesenden ausreichen müssen - keine weiteren Truppen oder Mittel würdne gestellt, möglicherweise würde einer der alten Kameraden noch dazu stoßen, aber das wars.
- Marodierende Orks und Goblins für die man Kopfgeld erhalten konnte - verdammte Grünhäute, immer mischten sie sich ein!
- Es gab weder Pferde noch Gold, nur ein paar grundlegende Dinge (Zelte, Proviant, Karte + Kompass)
Und für all das war etwa ein Jahr Zeit eingeplant. Man kann sich vorstellen wie wenig euphorisch Isegrim plötzlich war, das waren natürlich gar nicht so rosige Aussichten, sein Traum zerrann ihm in den Fingern. Als Kantor dann auch noch von der Räuberbande anfing, die in diesem Moment die Kronenmark terrorisierte, sah man wie Isegrims Kiefer zu mahlen begannen. Offenbar wurde die Bande von einer Dame namens der "
Eulenbärin" in Bärenmantel und vermutlich mardossanischer Eulenmaske angeführt (die nannte sich selber so!). Man vermutete diese Eulenbärin konnte Zauber wirken, da die Gormburg in magischen Nebel getaucht war, der jeden die Orientierung verlieren ließ, der sich hineinwagte. Dass sie sich selbst am liebsten zur Gräfin der Mark ausrufen wollte, rundete das nette Bild ab. Isegrim war sichtlich immer weniger begeistert.
Bei mir war das anders, ich war gleich Feuer und Flamme - eine Magierin mit Eulenmaske und Bärenmantel, alleine das klang verlockend - und nach einem Lied das gesungen werden sollte. Ulfrick war auch bereit sein gewaltiges Schwert für Vandrias Sache mit Blut zu benetzen und der Zwergenheiler Thurok war auch dabei - besonders da er für seine ehemalige Heimat Volten damit auch wieder eine bessere Zukunft sah. Isegrim nahm letztendlich das Angebot an - eine Markgrafschaft war für einen seiner Stellung offenbar durchaus ein Lebensziel - und versprach uns alle in den Ritterstand erheben zu lassen sollte es gelingen. Galbrim Roten der Ritter - das würde man mir NIE glauben!
An mir war es dann den guten Herrn Kantor zu überreden, dass wir doch noch ein paar Münzen für Spesen gut gebrauchen könnten - und irgendwie scheine ich zu dem Guten durchgedrungen zu sein - oder wir taten ihm einfach leid. Er "fand" plötzlich einen Beutel mit etlichen (33) Goldstücken, den er mir zur ordentlichen Verwahrung gab. Er meinte er müsse auf unsere Verschwiegenheit vertrauen, denn das Geld wäre eigentlich für etwas anderes Vorgesehen gewesen. Mein treuherziger Kommentar, dass ich als zukünftiger Schatzmeister der Mark natürlich verschwiegen und absolut vertrauenswürdig wäre, ging beinahe im Gelächter meiner Kameraden unter.
Wir verabschiedeten uns von Heinrich Kantor mit etwas gemischten Gefühlen und wurden daraufhin zu unseren Quartieren gebracht.
Aus der Sicht von Isegrim vom Sonnenwall (Autor: Thaddaeus)Isegrims Geschichte, Teil 1Ich stand in der Vorhalle des Audienzsaales im Schloss des Königs von Vandria in Cellbrick und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Zu meinem größten Erstaunen wartete ich nicht allein und schon gar nicht mit Unbekannten. Wir hatten da Ulfrick Lichter, Brim Roten und Thurok, allesamt verdiente Veteranen der Freikriege. Sie alle hatten bei der Erstürmung des Turms als Freiwillige mitgewirkt.
Sofort umwehte uns der Wind alter Kameradschaft und ich hoffte, wenn sie den ersten Schritt taten, den Standesunterschied wie damals zu überwinden. Nach anfänglichem Schweigen hielt es Brim nicht mehr aus, und er verwickelte Ulfrick in ein Gespräch über die vergangenen zwei Jahre. Es überraschte mich kaum das Ulfrick bei der Armee geblieben war. Er war ein guter Soldat! Scheinbar hatten das seine Vorgesetzten aber noch nicht erkannt. Als ich ihn später darauf ansprach erläuterte er mir, dass es ihm an den erforderlichen Beziehungen mangelte. Schließlich begrüßte Brim auch mich und wir stellten fest, dass die Boten des Königs kaum Unterschiede gemacht hatten, wir wussten nicht was uns erwartete. Gerade als ich dabei war den schweigsamen Thurok ob seiner kurzen Zwergenbeine aufzuziehen, und er als Cellbricker sicher ähnlich lange zum Schloss gebraucht hatte wie ich vom Sonnenwall aus, lies ein hoher Beamter des Königs bitten.
Heinrich Kantor war mir eher wage bekannt, aber wenn mich nicht alles täuschte war er ein intriganter und umtriebiger Vertrauter des Königs, er beschränkte sich eher darauf die Fäden im Verborgenen zu ziehen und andere die Drecksarbeit für ihn erledigen zu lassen. Genau das war es auch was er uns anbot.
Rainenhart hatte Expansionspläne was die Kronenmark anbelangte. Aus politischen Gründen konnte er das aber nicht offiziell machen. Jetzt wagte er es nicht einmal die Aufgabe uns persönlich anzuvertrauen, sondern schickte seinen Handlanger - der es dann noch wagte mich zu beleidigen, als er die Schmach der fehlenden Lehenschaft vor meinen Kameraden ansprechen musste.
Die nördliche Kronenmark sollte mein sein, wenn es uns gelang die Banditen zu vertreiben, die Grenzen zu sichern und erfolgreich Siedler ins Land zu locken. Da war ich doch gespannt, welche Armee man mir anvertrauen wollte. Die Antwort kam wenig überraschend: keine.
Ich zählte noch einmal die zahlreichen Gefahren auf, die Zasaren, die Barbaren, die Räuber, Verstrickungen mit den Dynarelfen. Keine weiteren Männer oder Geldmittel, keine Pferde und nur ein Jahr Zeit.
An dieser Stelle erinnerte ich mich später gern, die Kameraden, die die Luft anhielten. Schlug ich das Angebot aus, dann wäre für sie eine großartige Chance verloren, wären sie mit mir an ihrer Spitze erfolgreich aber viel mehr gewonnen. Nahm ich aber das Angebot an stand es in den Sternen ob ich je wieder an den heimischen Hof zurückkehren konnte. Sollten wir scheitern würde der König abstreiten uns beauftragt zu haben. Also … warum zögerte ich überhaupt?
Die Erleichterung auf den Gesichtern war es wert. Ich ließ sie alle auf Schwert schwören. Der Rest der Sitzung ging an mir vorbei. Das hier war meine Chance! Endlich! Das wiederholte ich immer wieder.
Nachdem abendlichen Umtrunk zog ich mich in meine Kammer zurück und schrieb ein paar wütende Zeilen an meinen Bruder, garantiert hatte er hiervon gewusst.
Danach zog ich mir ein Laken über und begab mich nur darin bekleidet in die Kapelle um dort vor dem Altar auf dem Boden liegend um Vergebung für die vergangenen zwei Jahre zu bitten. Das war endlich meine Chance. Und ich hatte sie nicht verdient. Die anderen schon – aber ich nicht. Ich schwor mir nicht eher zu ruhen, ehe ich nicht Ritter aus ihnen gemacht hätte.