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Hasbro, WotC und warum sich gerade die Zukunft des Hobbys ändert

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Zauberlehrling:
Achtung - das wird lang, aber das muss sein, sonst versteht man es nicht.

Hallo,
normalerweise hätte wohl Greifenklaue irgendetwas in diese Richtung geschrieben, nun übernehme ich diese Rolle. In der letzten Zeit (also in den letzten 2 Wochen) hat sich gerade im "Dungeons & Dragons" Universum sehr viel getan, und das ist noch untertrieben. Hasbro/WotC (DnD, Magic) wollten offensichtlich im Hintergrund das Fundament der (englischen) Rollenspielwelt so mal nebenbei nicht nur verändern, sondern zerstören. Und warum? Wegen Geld. Aber lasst mich von vorne beginnen.

Akt 1 (DnD2):
Am Beginn der 90er Jahre war TSR (damals Besitzer von DnD) vor allem damit beschäftigt andere Firmen zu verklagen - wegen angeblicher oder echter Copyright-Verstöße. Dadurch, dass sie die "Größten" waren und somit die Leute mit Klagen einschüchtern konnten hat das viele Ressourcen gebündelt und "Rollenspiel" an sich gab man wenig Zukunft. Das kam nicht gut an und hielt die Branche natürlich auf Trab (TSR wurde scherzhalber auch "They sue regularly" übersetzt). Da sich TSR aber vor allem aufs Klagen konzentrierte sank ihre Qualität, damit die Einnahmen usw. Sie waren vor dem Bankrott.

Akt 2 (DnD3):
Als Wizards of the Coast DnD übernahm sah es für die Marke übel aus. Aber man setzte auf neue Leute (u.a. Ryan Dancey, sh. Link unten), die folgendes taten (was eine Revolution darstellte): WotC (und einige andere) einigten sich auf eine so genannte Open Gaming License - die folgendes regelte: Welche Teile dürfen von einem System von anderen übernommen werden, welche stehen unter Copyright. Das war eine Revolution, niemand musste mehr extra Lizenzen verhandeln usw. Gleichzeitig brachte WotC DnD V3 unter dieser OGL heraus und ein erster Boom entstand. 3rd-Party-Producer konnten Produkte für DnD produzieren, die WotC nie gemacht hätte und so das ganze Ökosystem immer wieder erneuern. Gleichzeitig waren sie vor Klagen sicher - denn nichts anderes als ein Versprechen niemanden zu klagen, der sich an die Lizenz hielt war die OGL.
Selbst Systeme die mit DnD gar nichts zu tun hatten wurden unter die OGL gestellt - einfach weils ne wirklich feine Sache ist.

BTW: Die OGL ist 900 Wörter lang und selbst mit mittelmäßigen Englisch-Kenntnissen zu verstehen. Man muss kein Jurist sein. Die momentan immer noch gültige Version (1.0a) gilt seit mittlerweile 23(!) Jahren.

Akt 3 (DnD4):
WotC schien allerdings zu denken, dass sie Geld auf der Straße liegen lassen - und stellten deswegen ihr neues System (DnD4) unter eine restriktivere Lizenz. Sehr viel restriktiver. So restriktiv, dass niemand dafür produzieren wollte. Das war das erste Problem. Das zweite: DnD4 war damals für eine virtuelle Umgebung konzipiert, die niemals rauskam (u.a. wegen einem sehr persönlichen Drama um den Chefentwickler, aber das führt zu weit). Und DnD4 war deswegen so "anders" als DnD bisher, dass es in der Spielerschaft abgelehnt wurde (dabei ists angeblich kein schlechtes Spiel). WotC hat einen Fehler gemacht - und es wurde immer klarer.

Akt 4 (Pathfinder)
Hier kommt nun erstmals ein neuer Name ins Spiel. Paizo. Paizo war zu der Zeit von DnD3/4 ein etablierter 3rd-Party-Hersteller, der alle möglichen Produkte für DnD machte. Man kannte den Namen. Und Paizo war mit DnD4 nicht zufrieden - denn man merkte man soll ausgeschlossen werden. Und was tat Paizo? Irgendjemand (gedeckt von Juristen) meinte: Gebt (uns und) den Spielern doch was sie wollen - gebt ihnen DnD3plus.
Gesagt getan. Gedeckt durch die OGL machte Paizo eine "neue" Version von DnD3 - besser - und vor allem weiterhin kompatibel mit allem was es für DnD3 so gab und was weiter rauskommen sollte. Pathfinder war geboren! (Wichtig zu wissen: Spielmechaniken sind nicht schützbar - nur Inhalte, Fluff, Namen usw.). Und Pathfinder wurde erfolgreich. So erfolgreich, dass sie eine Zeit lang mehr verkauften als WotC/DnD. WotC hatte durch Unvermögen und etwas Pech seinen größten Konkurrenten geschaffen.

Akt 5 (DnD5)
WotC merkte irgendwann, dass es so nicht weitergehen konnte und tat das richtige in der Situation. Es entwickelte eine neue Version von DnD (DnD5, 5e) und stellte diese (wieder) unter OGL. Und es wiederholte sich, was bei DnD3 passiert war - das Ökosystem wuchs und florierte. Allerdings hatte sich die Welt geändert. Internet, Crowdfunding, Streaming und VTT (Virtual TableTops) waren plötzlich ein Ding. Es gab plötzlich nicht nur "Buchverlage" die mit Büchern/Pdfs Geld verdienen sondern viel mehr: Streamer die Spiele streamen oder Tipps geben (u.a. Critical Role, Matt Colville,...), Anbieter von Sachen auf Etsy (Spielleiterschirme,..), Kickstarter, Patreons für Digitale Assets (Karten, Tokens,...), Influencer und Streamer und am wichtigsten: Virtuelle Tabletops - viele - und keiner gehört WotC. Sie alle verdienen mit DnD Geld, das WotC nicht verdient. Dass sie indirekt DnD so unterstützen und promoten - das sieht in der Managementebene eines großen Konzerns niemand, dort sieht man nur das Geld. Ja - es gibt inzwischen sogar Streamer, die eine Fernsehserie an Amazon verkaufen - basierend auf einem DnD Spiel (dass Critical Role zuerst Pathfinder spielten ist egal und wird wieder von den Managern ignoriert).

Seitennotiz: In dieser Zeit kam kam bei Hasbro auch jemand drauf: Wir sollten mal schauen womit wir wirklich Geld verdienen - und zur Überraschung aller war es nicht GI Joe oder Monopoly - es stellte sich raus, dass WotC (Magic, DnD) teilweise 65-70% des Umsatzes brachte. Das rief noch mehr Manager auf den Plan: Wie kann man DnD zu (noch mehr) Geld machen? Irgendwann letztes Jahr hieß es DnD sei "under monetized", also wollte man aus der "Brand" noch mehr rausquetschen - aber nicht mit Figuren/Puppen/Merchandise (was bei HASBRO aufgelegt wäre) - nein, es sollte Geld gescheffelt werden mit minimalem Aufwand...

Akt 6 (DnD6/oneDnD)
In den Besprechungsräumen muss es heiß hergegangen sein - die Hauptfrage: Wie kriegen wir noch mehr Geld - und das einfach und schnell. Und es wurde (offenbar) ein Stufenplan erstellt (alles basierend auf dem Online-DnD-Boom der Jahre 2019/20/21 - das der was mit Corona zu tun hat - EGAL!).

Das Gespräch lief vielleicht so
1) Eine neue Version muss her, denn:
2) Diese Version darf nicht unter OGL stehen (zumindest nicht unter der aktuellen - die ist böse und hat Pathfinder erlaubt).
3) Man darf niemanden verschrecken, deswegen sagen wir: Version 6 ist kompatibel mit Version 5 - nicht nur weil sonst niemand mehr Sachen für 5 kauft und abwartet - nein, aus einem sehr viel teuflischeren Grund. Wenn man nämlich sagen kann: Version 6 ist 100% kompatibel mit 5 nur besser - dann kann man 3rd-Party-Publishern (die eigentlich einfach weiter für 5 produzieren hätten können wie sie es auch damals mit 3 gemacht haben) verbieten das zu tun - denn 6 steht ja unter einer neuen Lizenz. Man wollte die anderen dazu bringen die "böse" OGL (V1.0as) für die "neue, bessere - vor allem für Hasbro" (V1.1) aufzugeben. Das ist alles eigentlich noch nicht verwerflich und normale Praxis! Normalerweise würde man Version6 einfach so gut machen, dass alle freiwillig wechseln - aber das scheint nicht genug zu sein.
4) Außerdem wollte man das "Modell Pathfinder" verhindern - denn natürlich wäre mit DnD5 das selbe möglich gewesen wie bei DnD3 - es war ja die selbe Lizenz!

Als erster Schritt wurde eine große Plattform die digital Bücher verkauft und sowas wie Charakter-Builder anbietet (DnDbeyond) wurde gekauft - das sollte Basis des virtuellen Marktplatzes und VTTs werden - ein OneStopShop für Rollenspiel quasi.

Zwischenspiel - Was soll das mit der neuen Version einer Lizenz
Wichtig zu wissen ist, dass die "alte" Version (1.0a) vor 23 Jahren rauskam und erlaubte gewisse Teile eines Rollenspiels "öffentlich" zu machen - ohne die Rechte an anderen Sachen aufzugeben. Und das alles ohne Lizenzkosten (solange man sich an die "erlaubten" Sachen hielt). Dabei ist festzuhalten, dass die Autoren diese Lizenz "für immer" gedacht haben. Es gibt zwar Regeln neue Lizenzen auf Basis dieser zu erstellen - aber keine Regeln um alte Lizenzen ungültig zu erklären. Ist ein Werk so lizensiert, dann bleibt es das. Will ich ein Werk unter irgendeiner, irgendwann autorisierten Lizenz (auch der Version 1.0 statt 1.0a) veröffentlichen - dann darf ich das. Bis in alle Ewigkeit. Wie gesagt: 1.0a besteht seit 23 Jahren - seit damals hat niemand versucht was zu ändern (weder inhaltlich oder gerichtlich oder irgendwie) - alle schienen glücklich.

Was sollte nun anders werden (die Hauptpunkte):
- 0) WotC nennt es weiter  "Open Gaming License" - wohl damit man nicht merkt wie restriktiv sie ist. Sie hat nun auch 9000 Wörter statt 900 - dann liest keiner so genau.
- 1) WotC wollte von "großen" 3rd-Party-Publishern plötzlich 25% ihres Einkommens mit allem was in Zusammenhang mit DnD steht (auch von Kickstarter-Projekten)
- 2) WotC wollte das einseitige Recht die Lizenz innerhalb von 30 Tagen zu ändern wie sie wollen (also z.B. aus 25% plötzlich 30 machen oder egal was)
- 3) WotC wollte das Recht, dass man ALLES was 3PP unter der Lizenz rausbringen einfach nehmen kann - und selber rausbringen. Ohne Kompensation, ohne Fragen einfach so. Man würde ein Buch also einmal rausbringen - daran verdienen (davon 25% abdrücken) und dann würde es WotC "gehören".

-> All das wäre noch nicht so schlimm wie es klingt (obwohl es wirklich schlimm klingt), aber es zwingt einen ja niemand so nen Scheiß zu unterschreiben und zu akzeptieren. Verlangen kann man alles. Manche Sachen (zB was zu zahlen) sind ja auch durchaus verhandelbar. Aber der letzte Punkt war dann der wahre Knackpunkt:

- 4) WotC wollte alle alten OGLs als "nicht autorisiert" erklären - also quasi rückwirkend ungültig machen (was laut sehr vielen Meinungen einfach nicht geht) um alle zu zwingen zuzustimmen. Als Grund wird angegeben: Die OGL wird für Sachen verwendet, für die sie nicht gedacht war - wie Plattformen, SPiele usw. (Was nicht stimmt - es gab sogar mal ein Offizielles Online FAQ von WotC - das überraschend nicht mehr online ist. Was für ein Glück, dass das Internet nicht vergisst  ;D).

Und das alles zusammen ist eine Kriegerklärung an die eigenen Partner.

Akt 7: Die Kobolde wehen mit der schwarzen Flagge und Paizo ruft den ORC
Die geänderte Lizenz wurde kurz vor Weihnachten mit entsprechenden Knebelverträgen an "Partner" versandt. Eigentlich hätte sie am 4.1.2023 in Kraft treten sollen - bzw. heute. Man dachte man kann mit seiner Marktmacht die anderen "zwingen" und die Öffentlichkeit vor vollendete Tatsachen stellen.

Aber es haben sich die Ereignisse überschlagen - es kam anders..
- Zuerst berichtete ein Streamer mit guten Connections (Stephen Glicker, Roll for Combat) in einem Stream und gleich danach Gizmodo am 4.1.2023 davon - niemand hat es wirklich geglaubt, aber die Reddits und Discords kochten hoch. Man glaubte es nicht, konnte es nicht glauben, wollte es nicht glauben. Denn: Immer mehr wurde klar was das bedeuten würde: VTTs (Foundry, Roll20,..) hätten ein schweres Leben (wenn überhaupt eines) - das konnte nicht whar sein! Das musste ein Hoax sein!
- Immer mehr Quellen bestätigten inzwischen, dass da was Wahres dran war - man wartete drauf, dass WotC kommt und eine (ein wenig bessere) OGL vorstellt so unter dem Motto: Das war ne Zwischenversion, wir haben NATÜRLICH einen besseren Deal (immer noch Scheiße, aber eben besser).
- Stille.
- Und je länger die Stille andauerte - desto klarer wurde: Die wollten das wirklich - und immer mehr Insider bestätigten.
- Die Unsicherheit der Streamer, 3PP und des "Netzes" wandelte sich innerhalb von Tagen und Stunden in Trotz und in Widerstand - immer klarer wurde - wenn sie das wirklich wollen, dann landet es vor Gericht - und auch klar wurde: Hasbro hat wenig Chancen. Die Messer wurden gewetzt. So Leute wie der Ex-Vize von WotC gab/gibt Interviews und meint: "Das geht gar nicht, was die wollen."
- Die Initiativen begannen mit einem offenen Brief: https://www.opendnd.games/#open-letter
- Aber der Widerstand ging/geht weiter - denn je länger Hasbro/WotC schwieg (und sie schweigen immer noch), desto mehr wurde allen klar: Das kann wieder passieren - man hat WotC auf dem falschen Fuß erwischt, damit haben sie nicht gerechnet. Aber wenn selbst wenn das heute nicht durchgeht - die probieren das wieder - so wie damals mit DnD4 (mit dem Unterschied, dass damals niemand gezwungen werden sollte).

Und dann kam (nochmal) Bewegung in die Sache - denn waren davor alle in Schockstarre und der Phase der Verdrängung (die Community UND Hasbro/WotC) - verlor Hasbro/WotC dann endgültig die Initiative:
- Am Dienstag (10.1.2023) verkündete Kobold Press (großer 3PP für DnD5 und andere RPGs): "Wir machen was eigenes - und es wir OFFEN sein!" Für alle. Sie nennen es "Project Black Flag". Sie waren die ersten die sich vorwagten - aber lange nicht die letzten.
- Zur gleichen Zeit verkündete andere wie MCDM (Matt Colville) - mehr oder weniger das selbe. Man wird sehen obs nicht was gemeinsames von einigen geben könnte... Hier muss sich der Staub mal legen.
- Es haben sich auch andere gemeldet (gar nicht sooo große) die sich nun trauen und sagen: "Wir werden weiter unter 1.0a veröffentlichen - probiert uns zu klagen" (und in den USA heißt das was - nicht nur weil sie drauf vertrauen können, dass sie unterstützt würden). Die müssen inzwischen sicher sien, dass sie von HASBRO nichts zu befürchten haben - sonst macht das dort niemand.
- Und gestern (12.1.2023) hat Paizo [endlich] nachgelegt (deren Reaktion natürlich am sehnlichsten erwartet wurde): Sie haben den selben(!) Anwalt der damals die OGL gemacht hat beauftragt eine neue - nun wirklich und echt kugelsichere Lizenz - genannt ORC (Open RPG Creative) zu erstellen. Und viele andere sind dabei. (https://gizmodo.com/paizo-wizards-of-the-coast-dnd-open-rpg-ogl-1-1-1849982443)

Und WotC?
- Es wird immer klarer, dass da jemand (um im Spielerjargon zu bleiben) sein Blatt massiv überschätzt UND überreizt hat - und nun nicht weiß wie er drauf reagieren soll, weil die anderen den "Bluff callen".
- Sie sind immer noch in Schockstarre und hoffen der Shitstorm legt sich und das "Netz" vergisst. Gestern war ein Live-Stream angekündigt der in letzter Sekunde nicht stattfand. Angeblich kommt am Dienstag was. (https://gizmodo.com/dungeons-dragons-ogl-announcement-wizards-of-the-coast-1849981365)
- Man denkt dort aber wohl auch, dass sowieso nur eine Minderheit da dran interessiert ist, deren Meinung nicht zählt. mMn eine massive Fehleinschätzung, denn wer ist in Reddits/Foren/Discords? Die größten Fans - die oft auch SLs sind - und die bestimmen (oft/meist) was gespielt wird! Die SLs geben auch mehr Geld aus - die zahlen für sowas wie Patreons oder DnDbeyond Mitgliedschaften (weil man im bezahlten Abo mehr bekommt). Die SLs sind eine Minderheit - aber eine immens wichtige - ohne sie kein Spiel! Und diese Leute rufen nun zu einem Boykott auf - aller Plattformen und Produkte, von HASBRO und WotC. Dieses Risiko scheint man aber bewusst einzugehen (man denkt wohl: Der neue Film bringt massig neue Spieler, kein Thema). Dummerweise gibt es sowas wie "DnD Celebrities" die sich einem Boykott anschließen und dazu aufrufen sämtliche Accounts bei DnDbeyond zu löschen (und das scheint wirklich zu schmerzen - gestern war "Stornieren" Seite überlaste), die "Influencer" - also die Youtube Kanäle - schäumen über und in den Reddits gibts viele Threads wie "Anderes System, Ich will wechseln, Empfehlungen,... Ich glaube da hat man sich verkalkuliert.

- Die Kacke scheint am dampfen - man wagt sich gerade nicht aus der Deckung, aber mit jedem Tag scheint es momentan schlimmer zu werden. Schwer zu sagen was da kommt: zwischen Einsicht und Fundamentalopposition ist (noch) alles möglich. Aber das "Window of opportunity" in dem man (als WotC) die Big Player zurück an einen Tisch bekommen könnte schließt sich grade schnell. Links und rechts werden da Brücken abgebrannt - eine Kettenreaktion ist im Gang, deren Ende nicht absehbar ist. Pandoras Box wurde geöffnet.

BTW: Critical Role hat sich bis heute (13.1.2022) nicht gemeldet. Alle rechnen damit, dass die a) ein (anderes, besseres) Übereinkommen mit WotC haben oder/und b) sehr vorsichtig sind. Aber sie haben natürlich die Rückendeckung von Amazon (durch die Serie) und gleichzeitig einen eigenen Spiele-Verlag. Mal sehen was die in Zukunft machen - sollten sie auch nur einen Schritt von WotC weggehen (zB andere Systeme auf ihrem Channel pushen, ihre Sachen unter der neuen Lizenz rausbringen, etc.) - dann wird das nochmal Wellen schlagen.

Fazit - was bedeutet das für uns?
Gar nichts und alles. Zwar sind wir durch das europäische Recht ganz sicher (anders) geschützt und :ds: ist unter Creative Commons - aber wenn der "größte" Fisch im Teich beginnt Plattformen wie Roll20/Foundry zu fressen oder zu tötet - dann hat das auch Einfluss hier bei uns. Wenn es WotC gelingen sollte, das "Rollenspiel" (vor allem die Online-Seite) zu monopolsieren, dann kann man auch DS nicht mehr so spielen wie es die Kronenmark-Slayers seit nunmehr Jahren machen - online. Wenn Plattformen wie DriveThru massive Probleme bekommen, weil sie nicht mehr profitabel sein können und "kleine" Patreons (für battlemaps oder sonstwas) schließen müssen, weil sie sich einfach nicht trauen. Dann spürt man das.

Aber auch inhaltlich hat das mit uns zu tun. Aus diversen Gründen steht Fanwerk für :ds: unter CC-BY-NC. Das bedeutet vor allem: NIEMAND darf damit verdienen. Niemand. Zwar könnte man Teile eines Regelwerks unter andere Lizenzen stellen - was bei Abbildungen ja auch passiert - aber bisher hat sich CC bei Rollenspielen (noch) nicht so sehr durchgesetzt, dass es nun eine Option zu sein scheint. Das hat sicherlich auch mit den unterschiedlichen Rechtssystemen zu tun - ganz hab ich noch nicht durchgeblickt.
Sollte da aber nun eine "Offene Lizenz" für Rollenspiele raussehen - die Vermarktung ebenso erlaubt wie das "freie" hergeben von Teilen - und diese flächendeckend akzeptiert werden. Dann hat das auch auf unserer Seite des Atlantiks das Potential umgesetzt zu werden. Vor allem wenn diese Lizenz nichtmehr einer Firma gehört. War es vorher ein "Industriestandard" (der einer Firma "Gehört") soll es nun ein "Open Source Standard" werden - mit einer eigenen (offenen) Plattform. Das hat bei Software funktioniert und kann bei RPGs auch funktionieren.

Verändern wird sich die Rollenspiellandschaft allemal - dafür hat WotC gesorgt. Ob sie das in der Form wollten bezweifle ich. Und man kann natürlich nicht wissen wer so etwas "überlebt" - DnD zB sicher, die sind zu groß. Aber sie haben es ein zweites mal probiert und das vergisst man ihnen nicht so schnell. Diverse Firmen werden gut überlegen ob sie ein "DnD" kompatibles Werk anbieten wollen, können oder sich trauen - das Misstrauen wird massiv sein. Die "anderen" (solange sie mit offenen Karten spielen) haben da Vorteile. Ich traue mir keien Voraussagen, werde aber die Augen offen halten und berichten.

Deutscher Artikel dazu:
https://www.golem.de/news/open-gaming-license-1-1-wizards-of-the-coast-will-die-freie-d-d-lizenz-veraendern-2301-171140.html

Sogar im Englischen Mainstream:
https://www.theguardian.com/games/2023/jan/12/dungeons-and-dragons-wizards-of-the-coast-ogl

Interview mit Ryan Dancey (Ex-Vize-Präsident WotC - "Erfinder" der OGL)
https://www.youtube.com/watch?v=2Vz9ogq7JTg

Interessante reddits momentan:
https://www.reddit.com/r/rpg/
https://www.reddit.com/r/DnD/
https://www.reddit.com/r/DnDnext/
https://www.reddit.com/r/oneDnD/

Germon:
Einerseits kann ich die Aufregung verstehen, andererseits sehe ich dem gelassen entgegen.
Ich glaube Hasbro/WotC unterliegt da einer Falschannahme: Rollenspiel ist nämlich nicht gleichzusetzten mit D&D, Rollenspiel ist so viel mehr!

Grundsätzlich finde ich es nicht verwerflich, wenn eine Firma ihre Marke schützen will. Wenn Hasbro/WotC das so für die nächste D&D Iteration machen wollen ist das völlig OK. Man darf ja auch z.B. nicht einfach Abenteuer für DSA schreiben und die kommerziell vermarkten um mal die Verbindung zum deutschen Platzhirschen zu ziehen.

Was ich aber bedenklich finde ist die Bestrebung die aktuelle OGL außer Kraft zu setzten, das ist eher der Schmerzpunkt an der ganzen Sache.

Was die ganzen juristischen "Wenn aber vielleicht" Sachen angeht kenne ich mich nicht aus, da wird es sicher ein Klärung geben. Was man auch nicht vergessen sollte: Spielregeln als solche sind (Achtung: Gemon´sches gefährliches Halbwissen) gar nicht rechtlich schützbar?!




edit: Was ich aber nicht vverstehe an deinem Text: Wie "frisst" Hasbro Plattformen wie Roll20? Wenn die zukünftig Lizenzgebühren zahlen müssen könnte es natürlich sein, dass ein kostenfreier Service nicht mehr möglich ist, das würde uns natürlich treffen. Es könnte aber auch sein, dass nur User Gebühren zahlen müssen, die D&D dort spielen wollen... man weiß es nicht.

Oder hab ich dich da jetzt falsch verstanden?




Zauberlehrling:
@Germon: Du hast vollkommen recht - mit allen Punkten.

Rollenspiel ist viel und weitläufig - aber Verlage brauchen Cashcows um sich was zu trauen. Und wenn man nicht mehr profitabel arbeiten kann/darf und von einer anderen Firma in Knebelverträge gezwungen wird - dann ist das schlecht. Das Ausnutzen eines Monopols ist nie gut. Und wie ich geschrieben habe: Ich seh das auch recht gelassen, mit einer morbiden Faszination (wie ein US-Gerichts-Drama). Aber gewisse "Peripherieeffekte" sind momentan nicht auszuschließen - deswegen habe ich das mal zusammengefasst und in Kontext gebracht.

BTW: Die eigene Marke zu schützen ist sogar Pflicht jedes Unternehmens! Und würde man DnD6 rausbringen (mit Blackjack und allem) und das soo cool sein, dass alle nur noch das wollen, dann würde man eh den Effekt haben den man braucht (langfristig). Aber "rückwirkend" alles was bisher war zu ändern um die Leute (kurzfristig) einzuschüchtern und zu zwingen - das ist halt übel.

Juristisch kenn ich mich auch nicht aus - habe aber in den letzten Tagen auch gelernt, dass sich die "Sprache" geändert hat in den 23 Jahren. Alles hängt an einem Wort ("Irrevokable") das heutzutage drinnen wäre damals aber nicht üblich war. Gleichzeitig gibts halt genug Leute die dabei waren und auch sagen was gemeint war (eben Ryan Dancey) - es ist also angerichtet für nen Gerichtssaal-Krimi mit überraschenden Zeugenaussagen und bösen Mega-Konzern-Anwaltsteams ;)

Zu deinem edit:
Das sind teilweise Vermutungen
1) Könnte WotC eine Plattform einfach kaufen. Dann ist sie weg.
2) Es wird angenommen, dass "nur noch" bei WotC D&D gespielt werden kann/darf - auch die alten Versionen (eben weil die Lizenz fehlt) - und dann ist die Frage ob Roll20 dann profitabel ist. Weil DnD-Versionen dort natürlich schon mehr Geld reinspülen (über Spieler und Marketplace)

Zauberlehrling:
Übrigens entschuldige ich mich für die halben Sätze und Tippfehler - teilweise sind meine Gedanken wie ich das da oben halbwegs gut rüberbringe hin und her gesprungen. Ich werde nach und nach den Beitrag "lektorieren". Sorry.

Germon:

--- Zitat von: Zauberlehrling am 13. Januar 2023, 11:42:06 ---Übrigens entschuldige ich mich für die halben Sätze und Tippfehler - teilweise sind meine Gedanken wie ich das da oben halbwegs gut rüberbringe hin und her gesprungen. Ich werde nach und nach den Beitrag "lektorieren". Sorry.

--- Ende Zitat ---
Die Zusammenfassung ist super!




--- Zitat von: Zauberlehrling am 13. Januar 2023, 11:37:58 ---
Zu deinem edit:
Das sind teilweise Vermutungen
1) Könnte WotC eine Plattform einfach kaufen. Dann ist sie weg.
2) Es wird angenommen, dass "nur noch" bei WotC D&D gespielt werden kann/darf - auch die alten Versionen (eben weil die Lizenz fehlt) - und dann ist die Frage ob Roll20 dann profitabel ist. Weil DnD-Versionen dort natürlich schon mehr Geld reinspülen (über Spieler und Marketplace)

--- Ende Zitat ---

Klar, aufkaufen geht natürlich (fast) immer, aber ich denke es wird immer (neue/weitere) VTT´s geben.

Was ist denn an dem in einem VTT genutzen Material überhaupt lizenzpflichtig? (Außer Regelwerken und Abenteuermodulen, die gekauft werden müssen).
Wenn man sich für sein online D&D eigene Charakterbögen bastelt oder welche von anderen Usern hernimmt kann das doch gar nicht sanktioniert werden... oder, oder?  ???

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